Bundesweite Razzia gegen Händler von Drogen-Chemikalien

Erstellt am: 10.07.2008 - von: nw

Es ist eine der größten Razzien in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewesen: Am Mittwoch hat die Polizei bundesweit mehr als 600 Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht, drei von ihnen in Hannover und Hemmingen.

Auch in Österreich und in der Schweiz rückten die Ermittler an. Die Beamten waren auf der Suche nach illegalen Drogenlaboren sowie nach Chemikalienhändler, die die Labore versorgen.

Als Hauptverdächtigen nahmen die Fahnder einen Chemikalienhändler aus dem Großraum München fest, teilte das bayerische Landeskriminalamt (LKA) am Mittwoch mit. Gemeinsam mit einem Händler aus der Lüneburger Heide soll er Ausgangsstoffe zur Herstellung synthetischer Drogen über das Internet verkauft haben. Bei dem Händler aus der Lüneburger Heide handelt es sich um einen 39-Jährigen aus Hodenhagen (Kreis Soltau-Fallingbostel), sagte der Sprecher des Landeskriminalamtes in Hannover, Frank Federau, dieser Zeitung. Das bayerische LKA und die Kripo Lüneburg arbeiten und ermitteln schon seit mehreren Monaten gemeinsam.

Der Online-Shop des Hodenhageners war bereits vor knapp einem Jahr ins Visier der Ermittler geraten, nachdem die Polizei im Sauerland drei Männer festgenommen hatte, die Attentate mit selbst gebastelten Bomben geplant hatten. Der Chemikalienhändler hatte den Bombengrundstoff Wasserstoffperoxid im großen Stil an die Männer im Sauerland verkauft.

Jetzt soll der Hodenhagener Händler große Mengen Chemikalien zur Herstellung von Amphetamin und anderen synthetischen Drogen verkauft haben. Außerdem soll er auch mit erheblichen Mengen des Reinigungsmittels Gamma-Butyrolacton gehandelt haben. Die Substanz wandelt sich im Körper von selbst in die Droge GHB um, die auch als „liquid Ecstasy“ oder „Vergewaltigungsdroge“ („Rape Drug“) bekannt ist. GBH kann starke Abhängigkeit verursachen und hat in Deutschland schon zu Todesfällen geführt. Warum der Chemikalienhändler aus Hodenhagen am Mittwoch nicht festgenommen wurde, konnte ein Sprecher der Verdener Staatsanwaltschaft gestern nicht sagen.

Die Durchsuchungen hatten in allen Bundesländern sowie in Österreich und in der Schweiz zeitgleich um 6.30 Uhr begonnen. In den hannoverschen Stadtteilen Döhren und Misburg sowie in Hemmingen stürmten die Beamten am Mittwochvormittag mithilfe der Kollegen vom ABC-Schutz der Berufsfeuerwehr drei Privatwohnungen von möglichen Kunden des Chemikalienverkäufers. In Misburg wurden die Polizisten fündig. In einem Mehrfamilienhaus entdeckten sie mehrere Flaschen mit Chemikalien.

Dem Vernehmen nach lassen sich mit ihnen synthetische Drogen wie K.o.-Tropfen und Amphetamine herstellen. Chemikalien, die für die Herstellung von Sprengstoffen geeignet sind, haben die Fahnder in Hannover offenbar nicht entdeckt. „Genaueres können wir erst sagen, wenn wir die Substanzen in Ruhe analysiert haben“, sagte ein Beamter. Insgesamt wurden in Niedersachsen 16 Objekte durchsucht.
Am Donnerstag wollen die Beamten detaillierte Ergebnisse der Großrazzia bekannt geben.

Quelle: HAZ