17.02.2007 - Groove boutique: Moonbootica
Daten
von: mad
Club: Factory
Ort: Hannover
Einlass: 23:00 Uhr
DJs
MOONBOOTICA (family affairs / Hamburg)
Dennis Diers (H.de.M.)
Alex Buro (H.de.M.)
Beschreibung

Energetisch, massiv und wuchtig repräsentieren Moonbootica das Gegenteil von Light-Kultur und Neuer Bescheidenheit. Was Herkunft und Selfpromoting betrifft, sind sie purer HipHop. Tobitob war noch produzierender Kommandant der Fünf Sterne Deluxe als er im Duo mit Kumpel KoweSix beschloss, künftig als Moonbootica den Geistern der musikalischen Zwänge mit dem Auflegen von Lieblings-Tracks zu begegnen. Ihr Amüsement war ein dreckiger Job, und weil den kein anderer erledigen wollte, mussten sie eben selbst ran. Was als Partyspaß begann, führte zwangsläufig zu Höherem. Während sich deutsche DJ-Kollegen noch im Reinheitsgebot dem Rausch des Minimalen hingaben und sanftes Knistern zu Symphonien verklärten, arbeitete Moonbootica bereits am Gegenteil, einer ständigen Maximierung der Reize.
Who put the art into smart?
Du bist niemals allein
Du weißt was du tun musst
Lass deine Leute nicht im Stich
Deine Disco braucht dich!
(Kylie Minogue)
Wir meinen uns zu erinnern: Moonbootica, das sind doch die Hamburger mit den dicken Cochones und dem breitbeinigen Antritt. Die beiden langen Poser mit den dunklen Sonnenbrillen, der grossen Klappe und dem gedrosselten Charme von Porsche-Fahrern. Schuhgrösse: Supersize.
Oder? Ist Clark Kent wirklich Supermann? War der Arsch von Bertha Butt tatsächlich grösser als George Clintons Mothership? Hatte King Kong jemals Liebeskummer? Und wenn es nicht so wäre? Wenn das alles nur ein ganz perfider Trick war? Mit dem ganz profanen Ziel, Spaß zu spenden?!
Moonbootica wollen zunächst einmal einfach nur ihren Spaß. Dafür verleugnen sie auch gern ihre gute Erziehung, schlüpfen in die Rolle der Partyschweine und inspirieren gepflegte Hemmungslosigkeit. So muss sich Caligula gefühlt haben als er zu Beginn unserer Zeitrechnung das Party-Wesen um ein paar entscheidende Ideen bereicherte und auf den Next Level katapultierte. Moonbootica sind zwar keine lebenden Götter aber dafür kann ihr Spaß auch unserem Spaß dienen.
Statt sich elitär dem Mindfuck der intellektuellen Selbstüberhöhung hinzugeben, das Rauschen zur Symphonie aufzubauschen oder dem Beat vorsätzlich seinen Schneid abzukaufen, spielen KoweSix und tobitob mit scheinbaren Trivialitäten wie einer profan durchgezogenen Bassdrum. Chack-Boom-Chack-Boom. Zuschreibungen und Verortungen wie Intelligenz sind was Musik betrifft am Ende des Tages, wenn sich die Nacht über die Schauplätze des Vergnügens senkt, bekanntlich nichts anderes als Propagandalügen, gegen die nur eine bewusste Polarisierung oder auch Proletarisierung hilft.
Moonbootica gestatten sich die Freiheit genau das zu tun, was sie tun wollen. Ohne sich dabei die Frage stellen zu müssen, ob sie das auch dürfen. Besagter Selbstüberhöhung stellen sie ihre Form von Selbstermächtigung entgegen: erlaubt ist, was gefällt. Aber nur das, was ihnen gefällt. Fern von einer falschen Dienstleistermentalität bewegen sie sich immer weiter abseits der Grossraumdiscos und bleiben im besten Sinne progressiv. Wer sich an diesem überstrapazierten Begriff stört, darf ihnen gleichermaßen attestieren, dass sie im Verlauf der letzten sechs Jahre ihres Bestehens immer hungriger geworden sind - und von einem unsterblichen Drang zu Euphorisierung getrieben werden...
Ob als DJ oder als Musiker, Moonbootica arbeiten immer mit der Grundidee von einer Maximierung bei größtmöglicher Einfachheit. Und die zeigt sich weniger in der Wahl plakativ wirkender Waffen als in der bestechenden Klarheit ihrer Methodik. So etwas merkt das Publikum instinktiv - das funktioniert unabhängig von der jeweiligen Herkunft, im russischen Mafia-Club ebenso wie in der stinkigen Mittelmeer-Kaschemme.
Ihre stilistische Unbekümmertheit erklärt das Duos einleuchtend mit biologisch fundiertem Fatalismus: "Mit zwei Metern sind wir sowieso zu gross, egal für welche Schublade." Ein Satz von kultivierter Selbstironie. Darüber hinaus liefern leise Zwischentöne den gewünschten Kontrast zum inszenierten Größenwahn, was sich vielen erst im direkten Kontakt mit den beiden Charmeuren offenbart. Für Menschen, die noch immer nicht wahrhaben wollen, dass Moonbootica mehr sind als die Summe ihrer Provokationen, empfehlen sich die Mix-CD "DJ Sounds Good" ('04) und vor allem das immer noch taufrisch erscheinende Debüt mit dem selbstgenügsamen Titel "Moonbootica" ('05) - das bringt den Spaß auch zu denen, die im Keller auf den ersten Lacher warten.