Mijk van Dijk im Interview
Erstellt am: 04.10.2007 - von: nw
Über sein langjähriges Schaffen, sein neues Alter Ego Plato und momentane Entwicklungen in Berlin
Spacelounge: Du warst einer der ersten Live-Performer überhaupt in Deutschland. Wann wirst du wieder eines deiner berüchtigten Livesets im Club zum Besten geben?
Mijk van Dijk: Ich überlege gerade wieder, wie ich live möglichst kompakt und sportlich auftreten könnte. Allerdings möchte ich gerne ohne Laptop spielen. Ich empfinde Laptops auf der Bühne als extrem unsexy. Fatalerweise eignet sich die Software, mit der ich ausschließlich produziere, nämlich Ableton live, ganz hervorragend zum live Spielen. Ich denke, es wird auf eine Sequenzer/Synthesizer-Kombination hinauslaufen. Die Zeiten, wo ich mit 100 Kilo Equipment unterwegs war, sind definitiv vorbei.
Spacelounge: Du arbeitest mit vielen verschiedenen Labels wie Big&Dirty, BluFin, Gigolo oder Kling Klong zusammen. Was ist für dich wichtig bei der Zusammenarbeit mit einem Label und den Menschen, die dort arbeiten?
Mijk van Dijk: Wichtig ist natürlich erstmal, dass mir die Philosophie des Labels gefällt. Das geht über die veröffentlichte Musik hinaus. Bei MFS und Superstition fungierte das Label für mich schon fast als Ersatzfamilie. Das brauch ich jetzt nicht mehr so, aber definitiv arbeite ich lieber mit Menschen, die ich auch persönlich sehr schätze.
Spacelounge: Du bist in Holland unter dem Pseudonym Plato wesentlich bekannter als mit dem Namen Mijk van Dijk. Warum ist dir dieses Alter Ego wichtig?
Mijk van Dijk: Als Plato gehe ich an Kompositionen anders heran als Mijk van Dijk. Ich sehe "Plato" in der Tradition meines Projekts "Microglobe", unter dem ich 1995 mein erstes Album veröffentlicht habe, bevor ich bei Superstition nur noch als Mijk van Dijk veröffentlichte. Als Microglobe habe ich ja bei MFS-Records mit die ersten "Trance-Tracks" veröffentlicht. Als dann aus Trance eine schlechte Kasperle-Techno-Variante gemacht wurde, habe ich auch Microglobe erstmal eingestellt, weil ich mit dem, für das Trance in der zweiten Hälfte der 90-er und auch jetzt steht, nichts zu tun habe. Mittlerweile wird Melodie auf dem Dancefloor auch von der "Geschmackspolizei" wieder akzeptiert und vieles, was jetzt unter dem Label "Neotrance" firmiert ist tatsächlich ein oft guter, oft lauer Aufguss der Jahre 1992 bis 1994. Als Plato knüpfe ich genau da an und setze meine Erfindungen von damals in die Jetztzeit um, mit den technischen Mitteln, die mir vor 15 Jahren noch nicht zur Verfügung standen. Außerdem ist Plato ein Projekt, das exklusiv bei Big&Dirty erscheint, mal abgesehen von Remixes.
Gerade habe ich einen Plato-Remix von GTO's "Pure" fertiggestellt. "Pure" war eines dieser Stücke, das meine Soundvorstellungen bis heute sehr geprägt hat: ein rougher Beat, deepe Atmos und euphorisierende Sounds. Mit meinem Plato-Remix dieses Lieblingsklassikers bin ich auch sehr zufrieden.
Spacelounge: Wie ein roter Faden zieht sich das gemeinsame Schaffen mit anderen Künstlern durch deine Karriere. So hast du mit „Teamwork“ (1999) ein ganzes Album aus Studio-Kooperationen zusammengestellt und aktuell warst du mit Namito und DJ Hell zusammen im Studio. Was macht den Unterschied zwischen einer Koproduktion und einer Solo-Arbeit von dir aus?
Mijk van Dijk: Wenn zwei Menschen sich im Studio treffen, passieren andere Dinge, als wenn einer allein dort sitzt. Natürlich braucht es Neugier, Respekt und Kompromissfähigkeit, aber dafür wird man oft mit überraschenden Ergebnissen belohnt, auf die jeder auf sich allein gestellt nie gekommen wäre. Andererseits brauche ich auch sehr die Zeit allein im Studio, weil ich mir dann die Sounds und Tricks erarbeite, die ich aus dem Hut ziehen kann, wenn ich kooperiere. Denn lange rumtrödeln darf man bei Koproduktionen nicht, da muss alles frisch auf den Tisch.
Spacelounge: du hast aktiv das Aufblühen der Berliner Szene Anfang der 90er Jahre erlebt und bist auch heute noch Insider der Hauptstadtszene. Was ist erhalten geblieben? Was vermisst du heute?
Mijk van Dijk: Erhalten blieb, das ständig alles wieder anders ist. Clubs kommen und gehen, Leute steigen und fallen, aber die Musik sucht sich immer ihren Weg in neue Locations, durch neue Leute, in neue Herzen. In anderen Orten gibt es den immergleichen Club seit Anbeginn. In Berlin erfindet sich alles immer neu und man kann es weder verhindern, noch aufhalten, also muss man vorne dabei sein oder noch besser: selbst erfinden.
Vermissen kann man in der tat die Euphorie bestimmer Nächte, im E-Werk, im Planet, im Tresor, die so einfach für mich nicht mehr zu toppen sind. Aber diejenigen, die jetzt Techno in Locations wie der Panorama-Bar, der Bar 25 oder dem neuen Tresor erleben, sammeln dort gerade ihre eigenen Erfahrungen, die ebenso schwer zu übertreffen sein dürften. Insofern: alles immer anders, aber immer geil.
Spacelounge: Welche langfristigen Ziele steckst du dir und was dürfen wir in naher Zukunft von dir erwarten?
Mijk van Dijk: Bei Brique Rouge in Frankreich kommt meine 1992-Microglobe-Produktion "High on Hope" mit neuen Remixen von David Duriez, Namito und mir heraus. Bei Frisbee wird die "Motherwomb"-EP erscheinen, bei Blufin eine EP namens "Boa/Mamba", mit einem feinen Ramon Zenker-Remix und bei Gastspiel gebe ich ein solches mit meiner "Liebestrunken"-EP, inklusive Stickroth&Ercolino-Remix, das alles im September. Nicht zu vergessen mein Plato-Remix von GTO's "Pure". Außerdem stehen Gigolo-Produktionen mit DJ Hell an. Langfristig stehen auch jene Produktionen zur Veröffentlichung an, die gar nichts mit Techno zu tun haben. Aber die kann man nicht einfach mal so als 12" in den Laden stellen und schauen, was passiert. Da feile ich gerade noch am Konzept. Interview: Spacelounge® Media, www.spacelounge.net